Grundgedanken
Selbsthilfegruppen sind keine Dienstleistungseinrichtungen, sondern bestehen durch das Prinzip des gegenseitigen Gebens und Nehmens. Ziel sollte deshalb sein, dass alle Mitglieder die Gelegenheit zur stetigen und aktiven Teilnahme erhalten. Mitarbeit und Beteiligung am Gespräch dürfen keinem Zwang unterliegen – sollten aber das Prinzip der Solidarität befolgen.
Nur wenn die Teilnahme freiwillig erfolgt können sich die Vorzüge der Selbsthilfe entfalten.
Eingangsrunde
Am Anfang jedes Gruppentreffens kommt jede*r Teilnehmer*in zu folgenden Fragestellungen kurz zu Wort: Wie geht es mir? Wie fühle ich mich? Welche Themen vom letzten Treffen haben mich noch weiter beschäftigt? Was erhoffe ich mir vom heutigen Treffen? Habe ich ein Thema, Problem, das ich unbedingt heute besprechen möchte?
Dieses Anfangsblitzlicht sollte nicht zu lange dauern und muss deshalb gut von der gewählten Gesprächsleitung moderiert werden. Kurze Beiträge, möglichst ohne Nachfragen, jedoch ohne den Zwang etwas sagen zu müssen, haben sich in der Regel bewährt.
Auch bei Gruppen, die sich schon länger treffen, ist es gerade für neue Mitglieder wichtig, dass sich alle Anwesenden kurz in der Anfangsrunde vorstellen.
Hauptteil der Gruppensitzung
Für den Kernteil des Treffens kann es sinnvoll sein, Gesprächsthemen zu sammeln und die Bearbeitung dieser Themen für bestimmte Treffen zu vereinbaren.
Dazu können auch von einigen Teilnehmer*innen der Gruppe Vorbereitungen getroffen werden: zum Beispiel ein Fachartikel, ein Einstiegsvortrag, ein Rollenspiel, eine Geschichte oder andere Methoden lebendigen Lernens wie z.B. Körper- und Entspannungsübungen, Phantasiereisen oder Gymnastik.
Um das hohe Informationsbedürfnis zum eigenen Thema zu stillen, hat sich auch die Einladung von Referent*innen von außen zu bestimmten Themen bewährt.
Das vereinbarte Thema sollte in der Regel bearbeitet werden, es sei denn ein besonders dringliches Problem eines Gruppenmitgliedes steht an (ergibt sich meist aus der Eingangsrunde).
Auch in diesem Hauptteil der Gruppensitzung kann ein kurzes Zwischenblitzlicht ein gutes Medium sein, um „Störungen“ in der Gruppenatmosphäre ans Licht zur bringen. Jeder der Teilnehmer sollte das Recht haben, eine solche kurze Zwischenrunde einzufordern. Zum Beispiel wenn der Gruppenablauf ins Stocken gerät; wenn vom Thema weg geredet wird; wenn langes Schweigen eintritt; wenn Uneinigkeit über das Vorgehen oder den weiteren Verlauf besteht; wenn ein Gespräch sehr lange zwischen wenigen Teilnehmer*innen hin und her geht.
Schlussrunde
Den Abschluss jedes Gruppentreffens bildet eine kurze Feedbackrunde (Abschlussblitzlicht), die allen Beteiligten die Gelegenheit bietet Rückmeldungen zum heutigen Treffen zu geben und Ideen für die nächsten Treffen einzubringen: Wie ist es mir ergangen beim heutigen Gruppentreffen? Was ich eigentlich noch sagen wollte. Welche Erwartungen habe ich an das nächste Treffen?).
Erfahrungsgemäß fällt es schwer das Abschlussblitzlicht einzuhalten (die ersten wollen gerade heute früher gehen, das Thema war so spannend, die Gruppe findet „kein Ende“). Es ist aber von großer Bedeutung, dass möglicher Ärger oder Frustration durch das Ansprechen ein Ventil erhält und die Gefahr verringert, dass Teilnehmer*innen kommentarlos weiteren Gruppentreffen fernbleiben.
Die Anonymen Gruppen - ein besonderes Konzept
Eine Besonderheit sind die “Anonymen Gruppen” (z.B. die Anonymen Alkoholiker) mit ihrem eigenen Konzept, das auf zwölf Schritten und zwölf Traditionen (siehe auch Blaues Buch der Anonymen Alkoholiker) beruht. Weitere Kennzeichen sind die Anonymität, die Unabhängigkeit von finanziellen oder anderen Förderern, offene Meetings ohne vereinbarte Verbindlichkeit, sowie eine spirituelle Dimension. Diese Gruppen finden sich vor allem im Bereich von Suchterkrankungen und psychosozialen Problemen und sind weltweit verbreitet.